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Dolmetschen bei Strafsachen im Gefängnis – nicht immer eine sichere Angelegenheit

Dolmetschen bei Strafsachen im Gefängnis – nicht immer eine sichere Angelegenheit

Dolmetscher, die in schweren Kriminalfällen eingesetzt werden, beginnen um ihre Sicherheit zu bangen. Gerade in der digitalen und sozial vernetzten Welt ist guter (Daten-)Schutz unerlässlich.

Ein Beispiel aus Berlin-Brandenburg: Kollege X sollte ein Verhör mit einem Beschuldigten im Bereich organisierte Kriminalität verdolmetschen. Plötzlich die Mitteilung: der Verdächtige lehnt diesen Dolmetscher ab. Das Merkwürdige daran ist, dass dies die erste Begegnung der beiden sein würde. „Interessant ist hierbei, über welche Strukturen sie die Dolmetscher, nachdem sie eine Visitenkarte bekommen haben, identifizieren, (…) ob nun über Akteneinsicht der Verteidiger der Mitgefangenen oder noch viel schlimmer, über eigene Netzwerke oder Polizeiquellen.“ Dies gibt der betroffene Kollege zu bedenken. Die Befürchtung: Wenn Unbefugte, womöglich Kriminelle die Kontaktdaten der Dolmetscher erhalten, kann das ein reales Sicherheitsproblem werden.

Besseren (Daten-)Schutz für Dolmetscher in Kriminalfällen

Die Daten von Dolmetschern, die in bestimmten Kriminalfällen aus dem Bereich organisierte Kriminalität oder internationaler Terrorismus tätig sind, müssen unbedingt geschützt werden. Die Diskussion wie das geschehen kann, ist überfällig. Müssen Dolmetscher überhaupt jedem Ihre Visitenkarte herausgeben? Müssen die Namen des Dolmetschers aus der Akte so eindeutig hervorgehen? Wäre es möglich, die Angaben einschließlich Namenskürzel unkenntlich zu machen, um die Anonymität der Kollegen zu wahren? Mit diesen und ähnlichen Fragen und Anregungen hat sich der BDÜ Nord an die zuständigen Ministerien und Behörden für Inneres in Schleswig-Holstein, Bremen, Niedersachsen und Hamburg mit der Bitte um Stellungnahme gewandt. Die Hamburger Innenbehörde hat inzwischen geantwortet: „In Strafverfahren werden grundsätzlich Dolmetscher als Zeugen/Sachverständige von den Gerichten geladen, wenn es für die Verhandlung für erforderlich ist. In begründeten Einzelfällen, in denen tatsächliche Gefährdungsmomente für den Dolmetscher vorliegen, trifft die Polizei Hamburg die erforderlichen Schutzmaßnahmen. Hierunter fallen u.a. auch der Schutz der Identität des Dolmetschers und auch das Verwenden von Kürzeln. Dies erfolgt jedoch stets unter Prüfung des Einzelfalls.“ Woher weiß aber die Polizei, ob es sich jeweils um einen „begründeten Einzelfall“ mit „Gefährdungsmomenten“ handelt? Bei der geschilderten Vorgehensweise kann man dies immer erst hinterher feststellen, also nach einem Vorfall. Das ist nach Ansicht des BDÜ Nord zu spät.

Vernehmung per Video – (k)eine Variante für mehr Sicherheit?

Ab dem Jahr 2020 wird es laut Strafprozessordnung (StPO) bundesweit zur Pflicht, Vernehmungen auf Video aufzuzeichnen. Die Hamburger Innenbehörde versichert hierbei, die Aufzeichnungen würden auf den Beschuldigten und die Vernehmungssituation beschränkt. „Die anderen an der Vernehmung teilnehmenden Personen (Dolmetscher usw.) haben sich so zu positionieren, dass sie während der Vernehmung zwar zu hören, aber nicht zu sehen sind.“ Ob dies genügen wird, um die Identität der Dolmetscher zu schützen? Der BDÜ Nord hat seine Zweifel. Denn wenn der Name des Dolmetschers auch hierbei festgehalten wird – außer in besagten „Einzelfällen mit Gefährdungsmomenten“ –, lässt der Schutz der Identität genauso zu wünschen übrig wie beim Dolmetschen ohne Kamera. Zu den Aufzeichnungen stellen sich weitere Fragen: Werden die Videos unbearbeitet weitergegeben? Werden Transkripte erstellt? Macht das eine erneute Kontrolle auf sprachliche Richtigkeit erforderlich? Bei diesen Themen wird der BDÜ Nord weiter kritisch nachhaken und natürlich die Mitglieder auf dem Laufenden halten.


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