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Back to the Future: Die BDÜ-Konferenz „Übersetzen in die Zukunft 2019“ im Rückblick

Back to the Future: Die BDÜ-Konferenz „Übersetzen in die Zukunft 2019“ im Rückblick

                        (Bericht von Magali Karee)                       

„Neue Wege im digitalen Zeitalter“ – so lautete der Untertitel der BDÜ-Konferenz, die vom 22. bis 24. November 2019 in Bonn stattfand. Beherrschendes Thema der Konferenz war die neuronale maschinelle Übersetzung (NMÜ): Was kann sie heute, was können wir in naher Zukunft von ihr erwarten und vor allem, was bedeutet das für die Arbeit der Übersetzer und Dolmetscher?

Der Tenor war klar. Erstens: Die NMÜ wird die menschlichen Übersetzer und Dolmetscher niemals ersetzen. Zweitens: Die NMÜ wird die Tätigkeit der heutigen Übersetzer und Dolmetscher grundlegend verändern. Und drittens: Nur wenn wir diese Entwicklungen verfolgen und verstehen, können wir auch darauf reagieren und die Zukunft der Branche mitgestalten. „Wir müssen uns einmischen“, so BDÜ-Päsidentin Norma Keßler in ihrer Eröffnungsrede, und die Konferenz war ein gelungener Auftakt in diese Richtung. In knapp 100 Vorträgen, Workshops und Podiumsdiskussionen konnten sich die rund 1000 Teilnehmer mit Experten aus verschiedenen Branchen austauschen.

Die bestimmende Konstante ist der Wandel

In ihrer Keynote knüpfte Florika Fink-Hooijer, Generaldirektorin der Generaldirektion Dolmetschen der Europäischen Kommission, an Keßlers Worte an: „Wenn wir stehenbleiben, können wir nicht beweisen, dass unsere Arbeit unabdingbar ist.“ Weitergedacht bedeutet das: Nicht die Maschine schafft den Menschen ab; sondern der Mensch, der stehenbleibt und sich nicht weiterentwickelt, schafft sich selbst ab. Fink-Hooijer machte außerdem deutlich, dass das nicht nur für die heutige Zeit gilt: Beim Rückblick auf die vergangenen 100 Jahre zeige sich, dass die bestimmende Konstante in der Dolmetschbranche stets der Wandel gewesen sei.

Arbeit gibt es auch in Zukunft mehr als genug

Dass „Wegducken keine Option“ ist, machte auch Daniel Brockmann von SDL in seinem Vortrag zum Einfluss der NMÜ auf das Berufsbild des Übersetzers deutlich. Er verglich die ablehnende Haltung gegenüber den Fortschritten im Bereich der künstlichen Intelligenz mit der „dumpfen Angst“, die bei der Einführung des Webstuhls im 16. Jahrhundert herrschte. Damals fürchtete man – ebenso wie heute –, dass der technische Fortschritt zu weniger Arbeit für den Menschen führen würde. An Arbeit wird es den Übersetzern in Zukunft sicher nicht mangeln, denn wir verfassen mehr Inhalte als je zuvor, und die Contentproduktion wächst exponentiell. Allerdings, so Brockmann weiter, gehen KI-Forscher davon aus, dass die Qualität der NMÜ bis 2024 ausreichen könnte, um Amateur-Übersetzer zu ersetzen.

Sprach- und Fachwissen gewinnt an Bedeutung

Im Gegenzug dürfte das Fach- und Sprachwissen professioneller Übersetzer laut Einschätzung vieler Experten an Bedeutung gewinnen. So sieht es auch Florian Faes, Mitgründer und Geschäftsführer von Slator. In der zweiten Keynote dieser Konferenz zeigte Faes auf, welche Bereiche in der rund 23 Milliarden US-Dollar schweren Übersetzungsbranche aktuell besonders wachstumsstark sind und wies darauf hin, dass beispielsweise auf audiovisuelle Übersetzung spezialisierte Fachkräfte händeringend gesucht würden. Weil die Rolle des Übersetzers als fachlich versierter Spezialist weiter an Bedeutung gewinnen werde, prognostizierte er einen Trend weg vom Wortpreis und hin zum Stundenpreis.

Souveräner Umgang mit MÜ bedeutet auch souverän zu kommunizieren

In vielen Vorträgen und Workshops ging es auch um die Grenzen der NMÜ und typische Fehler. Diese zu kennen ist natürlich wichtig. Fast ebenso wichtig aber ist ein Aspekt, der unter anderem am Rande eines Seminars zum Thema „;Intelligenz‘ beim Übersetzen“ angesprochen wurde: Ein souveräner Umgang mit künstlicher Intelligenz beinhaltet auch das souveräne Kommunizieren darüber. Worte formen unsere Welt – das weiß niemand besser als wir Dolmetscher und Übersetzer. Der reine Verweis auf die Fehler und Schwächen maschineller Übersetzung ist eine schwache Argumentation und trägt nicht dazu bei, den Kunden vom Wert der eigenen Arbeit zu überzeugen. Wer stattdessen klar kommuniziert, welche Vor- und Nachteile die NMÜ bringt und inwieweit sie die Arbeit des Fach- und Sprachspezialisten ergänzt, der positioniert sich als kompetenter Partner und stellt die Weichen für neue Geschäftsmodelle.


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