I. Die Ausgangslage:
Gerichte und auch Behörden haben häufig mit Menschen zu tun, die der deutschen Sprache nicht oder nicht ausreichend mächtig sind, um die oft komplexen Vorgänge, die Gegenstand formaler Verfahren sind, in einem Maße zu verstehen, dass sie ihre Rechte wahrnehmen können. Ihnen werden dann Dolmetscher und Übersetzer zur Seite gestellt, die die Kommunikation zwischen den Verfahrensbeteiligten wesentlich stützen und gestalten.
II. Das Problem:
Nicht nur für den von einem gerichtlichen oder behördlichen Verfahren Betroffenen stellen sich dessen Abläufe und Inhalte als komplex und herausfordernd dar, sondern auch für die beteiligten Dolmetscher und Übersetzer. Zugleich ist es jedoch erforderlich, die Kommunikation so zu gestalten, dass sich die Beteiligten in jeder Hinsicht verstehen, damit einerseits der jeweils Betroffene seine Rechte wahrnehmen kann und andererseits das jeweils beteiligte Gericht oder die beteiligte Behörde sicher sein kann, dass der Betroffene die häufig komplizierte Amtssprache, die mitunter zahlreiche Fachbegriffe beinhaltet, nicht nur sprachlich, sondern auch inhaltlich versteht. Diese Rolle kann jedoch nur ausfüllen, wer die Verfahrensabläufe, die Beteiligten und die wesentlichen Grundbegriffe sicher beherrscht. Die Erfahrungen aus der Praxis zeigen jedoch, dass immer wieder Dolmetscher und Übersetzer tätig sind, die mit den Abläufen oder auch der Fachterminologie nicht oder nur unzureichend vertraut sind. Dies führt nicht selten zu Missverständnissen, die den Verfahrensablauf erheblich stören oder im schlimmsten Fall sogar den Bestand der zu treffenden Entscheidung gefährden können. Je besser Dolmetscher und Übersetzer somit mit den maßgeblichen Abläufen und den fachlichen Begrifflichkeiten vertraut sind, desto besser können sie sich auch auf Ihre Kernkompetenz – das Dolmetschen und Übersetzen – konzentrieren.
In dem Blockseminar werden Dolmetscher und Übersetzer bestmöglich auf diese Herausforderungen vorbereitet. Inhaltlich werden in diesem 3-tägigen Seminar samt Prüfung alle für Dolmetscher und Übersetzer wesentlichen Begriffe des formellen und materiellen Strafrechts sowie die wesentlichen Verfahrensabläufe dargelegt und mit praktischen Beispielen unterlegt, wobei die Teilnehmer auch eingeladen sind, ihre bisherigen Erfahrungen als Dolmetscher oder Übersetzer in einem gerichtlichen oder behördlichen Verfahren einzubringen, um das Seminar bestmöglich an ihren Bedürfnissen zu orientieren.
Sollte eine Durchführung als Präsenzveranstaltung aus Pandemiegründen nicht möglch sein, wird das Seminar als Onlineveranstaltung durchgeführt werden.
Das Blockseminar umfasst insbesondere folgende Inhalte:
1. Teil am Freitag, den 14.04.2023 mit 5 Unterrichtseinheiten (zu je 45 Min.)
- Grundbegriffe des Strafprozessrechts
- Der Verfahrensgang vom Ermittlungsverfahren bis zum (rechtskräftigen) Abschluss des Hauptverfahrens
2. Teil am Freitag, den 05.05.2023 mit 5 Unterrichtseinheiten (zu je 45 Min.)
- die Verfahrensbeteiligten und ihre Rolle, einschließlich der Rolle des Dolmetschers/Übersetzers
- Besonderheiten bei der Zeugenvernehmung
3. Teil am Freitag, den 16.06.2023 mit 3 Unterrichtseinheiten (zu je 45 Min.)
- Sanktionsrecht im Erwachsenen- und Jugendstrafrecht
- Grundbegriffe des materiellen Strafrechts
Anschließend mündliche und schriftliche Prüfung, Dauer etwa 2,5 Stunden
Die Teilnehmer erhalten zur Verwendung in ihrer praktischen Tätigkeit verschiedene Unterrichtsmaterialen wie z.B. ein Glossar zur Erläuterung von gebräuchlichen juristischen Fachbegriffen. Dies ist eine Fortbildungsveranstaltung, Dolmetschkenntnisse werden vorausgesetzt.
Über die Referentin:
Sandra Paust-Schlote ist Vorsitzende Richterin am Landgericht Hamburg. Sie studierte Rechtswissenschaft an der Universität Hamburg, arbeitete nach ihrem Referendariat zunächst als Rechtsanwältin und ist seit dem Jahr 2002 als Richterin tätig. Im Rahmen ihrer spruchrichterlichen Praxis arbeitet sie regelmäßig mit Dolmetschern. Von 2018 bis 2021 war sie als Dozentin und Vorsitzende der Prüfungskommission im Rahmen des Studiengangs „Dolmetschen und Übersetzen an Gerichten und Behörden“ der Universität Hamburg tätig.